Vielleicht kennt Ihr es auch, dieses Gefühl, einfach saudämlich zu sein, weil Euch gerade etwas völlig Dummes und Vermeidbares passiert ist? Erst tut es weh und man ärgert sich über sich selbst. Irgendwann lässt das blöde Gefühl und der Ärger nach. Man tröstet sich damit, dass anderen Menschen sowas auch passiert. Der eine oder andere berichtet schließlich davon.
Ich habe diese Woche den Vogel abgeschossen und ich glaube nicht, dass das jemand toppen kann - zumindest nicht in meinem Bekanntenkreis.
Montagmorgens mache ich häufig homeoffice. Es bietet sich an, da selten Präsenztermine beim Kunden anstehen (und indem ich dafür sorge, dass das so bleibt). So starte ich etwas sanfter, stressfreier und ohne Stau in die neue Arbeitswoche.
Ich bin also erst gegen 8 aufgestanden, habe mir einen Kaffee gemacht, mails gecheckt, ob es etwas Wichtiges gibt, mich angezogen, während Oskar (unser Dalmatiner-Mix) mir auf seine Art unmissverständlich mitteilt hat, dass er jetzt gerne Auslauf oder Futter hätte, am besten beides. Also gehe ich runter und lege – wie immer – einen portionierten Beutel rohes Fleisch aus dem Kühlschrank in die Spüle, um es im Wasserbad aufzuwärmen und will mir gerade Jacke und Gummistiefel anziehen, als im Obergeschoss das Handy klingelt.
Ich gehe hoch und ans Telefon – leider wichtig – und kläre einige Punkte mit dem Gesprächspartner. Währenddessen fällt mir auf, dass ja eine Telko von Freitag auf Montag 9 Uhr verschoben war, die ich moderieren soll. Es ist kurz vor 9, ich bleibe am Schreibtisch sitzen, beende das Telefonat und wähle mich in die Telko ein, zumal Oskar sich wohl unten nochmal ins Körbchen gelegt hat. Jedenfalls kam er nicht hinterher, um den Bettelmarathon fortzusetzen.
Als die Telko endet, ist eine Stunde verstrichen und ich mache mich mit schlechtem Gewissen auf den Weg nach unten. Auf der Treppe höre ich schon ein ungewöhnliches Rauschen aus der Küche und mir fällt ein, dass ich das warme Wasser aufgedreht hatte, um das Fleisch zu wärmen. Offensichtlich hatte ich es nicht abgedreht. Während ich bereits beginne, mich selbst verfluchend, zu überschlagen, wieviel Wasser ich wohl verschwendet habe (spätere Probemessungen ergaben, es müssen etwa 300 Liter gewesen sein), biege ich in die Küche ein.
Das sich mir bietende Bild ist verheerend. Das Wasser ist nicht einfach nur verschwendet, es fliesst noch durch die gesamte Küche! Drei Meter Arbeitsplatte (die Hälfte der Gesamtlänge, linksseitig der Spüle), Kochfeld, Schränke und Boden davor schwimmen. Ich weiß auch sofort warum: Wir haben das Haus erst im Sommer gekauft. Der Vorbesitzer hatte Probleme mit dem Abfluss in der Küche. Statt den Abfluss einmal professionell reinigen zu lassen (was wir sofort getan haben, die besten je in Handwerker investierten 125 Euro), hat er ständig mit einem Pömpel versucht, den Durchfluss zu verbessern. Dafür brauchte er Unterdruck und hat den Überlauf – luft- und wasserdicht – zugeklebt. An das zarte durchsichtige Stückchen Folie hatte ich – bis eben – nicht mehr gedacht und vergessen es abzumachen.
Ich stelle das Wasser ab und öffne den Ablauf, um weitere Überschwemmung zu verhindern. Oskar schaut mir dabei zu und obwohl er wegen jedem Geräusch oder Bewegung draußen bellt, scheint eine geflutete Küche ihm keinen Anlass zu geben, die Stimme zu erheben und Herrchen zu informieren. Vielleicht, wenn es irgendwann über den Rand seines Körbchens gelaufen wäre? Mich schon deutlich intensiver ob der eigenen Dummheit geißelnd, versuche ich abzuschätzen, wie groß der Schaden ist. Ich denke an „Glück im Unglück“ denn für eine Stunde kommt mir die ausgetretene Wassermenge vergleichsweise gering vor. Das Wasser hat die Küche auf dem Boden nicht verlassen. Das angeschlossene Wohnzimmer und der Flur sind trocken. Ich hätte mit Schlimmerem gerechnet.
Bis ich in den Keller komme, um Eimer und Wischmopp zu holen. Im Hobbyraum unter der Küche darf ich die großflächige Installation einer Regendusche bewundern. Es regnet in der Fläche 3x3 Meter auf diverse Umzugkartons mit Schallplatten, CDs, Fotos, Kleidung und all diesen Dingen, die man noch nicht ausgepackt und erstmal im Keller verstaut. Da ist also der „Rest“ des Wassers.
Seitdem verbringen wir unsere Freizeit damit, alles trocken zu legen. Im Keller haben wir tatsächlich Glück, was den Raum angeht. Er wird es überstehen und muss nicht professionell getrocknet werden (wir hatten jemand da, der überall die Feuchtigkeit gemessen hat). Die dort gelagerten Gegenstände sind teils ok, teils optisch beschädigt (Schallplattenhüllen, Fotos usw.).
In der Küche waren die Schränke vollgelaufen, Kochfeld und Geschirrspüler abgesoffen. Wir haben alles ausgeräumt und mit Heizlüfter und Luftentfeuchter versucht, die Küche zu retten. Die Schränke werden es einigermaßen überleben, die Arbeitsplatte nicht, da sie begann wunderbar aufzuquellen. Die Küche (Ikea) hatten wir gebraucht übernommen und ich hatte gehofft, frühestens in 10 Jahren herauszufinden, was dahinter ist. Da es muffig-feucht zu riechen begann und wir Angst vor Schimmel hatten, haben wir gestern den nassen Teil der Küche abgebaut. Die Wand dahinter besteht aus 3 cm starken Pressspan-Platten, die hinter den Schränken nicht gefliest sind. Diese haben sich wie ein Schwamm schön vollgesogen. Dahinter – hat ein Probeschnitt ergeben – befindet sich eine Dampfsperre und dahinter wiederum etwas 20 cm Dämmung. Da die Luft dort nicht zirkulieren kann, haben wir die nassen Teile der Platten ausgesägt und entfernt. Praktischerweise hatte ich mir kürzlich einen Fein Multimaster gekauft, mit dem das sehr gut geht, ohne die Dampfsperre dahinter zu beschädigen (mit der Stichsäge weitaus schwieriger).
Jetzt muss es weiter trocknen und anschließend neu verkleidet werden. Vielleicht fliese ich die Platten auch – fürs nächste Mal. Wir brauchen gute 7 Meter neue Arbeitsplatte. Das Neff Kochfeld ist beschädigt und eine Platte hinüber. Der Geschirrspüler tut zum Glück wieder. Alles in allem halten sich die Kosten wohl in Grenzen (Strom nicht zu vergessen). Dennoch beiße ich mir sowas von in den virtuellen Arsch, wie ich nur so dämlich sein konnte.