Merci fürs erwähnen Ragna, aber erst mal kurz zum Festhalten: Fussball - zumindest in der Schweiz - befindet sich auf der gleichen Seite der Alpen wie in Deutschland!
Vor ca. zwei Wochen hatte Philip Bauer ebenfalls einen Artikel, der die vergleichbar grossen Länder ohne Portugal (SWI, AUT, BEL, SWE, DAN, CZE, GRE, NOR) nach fussballerischen Kriterien aufgelistet hat. Da Schnitt Österreich eigentlich gar nicht so übel ab - abgesehen von der Nationalmannschaft.
Meiner Meinung nach gibt es nicht den "Hauptgrund" für diese Diskrepanz zwischen der Schweiz und Österreich, aber ich habe ein wenig den Eindruck, dass Österreich im Fussball seit Mitte der 90er einiges verpasst hat - genau zu diesem Zeitpunkt, als das grosse Geld langsam kam. Während man sich in Österreich aus finanziellen Gründen dazu entschied, möglichst viel rauszuholen mit Clubnamen, Ligasponsoren und TV-Rechten, hat man es verpasst, die gesamte Fussballstruktur aufzurüsten. Das fängt beim Nachwuchs an, geht über die fussballerische Verankerung in der Bevölkerung und endet in schlechter Stadioninfrastruktur.
Klar gibt es diverse Unterschiede beide Länder, aber rein traditionell müsste Österreich theoretisch Vorteile haben. Haben sich wohl auch die meisten Verantwortlichen in Österreich gedacht und dabei verpennt für die Zukunft zu denken. Fans mögen in der Vergangenheit leben, Funktionäre und die Clubs müssen aber in die Zukunft schauen und planen - während sich das eigentliche Fussballgeschäft in der Gegenwart abspielt.
Eins ist in Österreich wie auch in der Schweiz wahr: Mit Fussball verdient kaum ein Verein Geld, d.h. es lohnt sich als Investor nicht und ist viel zu unsicher. Trotzdem braucht es finanzkräftige Gönner, die im Hintergrund entweder das Geld ausgeben oder zumindest als Absicherung vorhanden sind. Solange diese Personen aber den Verein als Spielzeug ansehen und zuviel mitreden...dann wird es meist kritisch.
In der Schweiz leben oder lebten fast alle NLA-Vereine so, manche hatten mehr, manche hatten weniger Mittel zu Verfügung. Ich glaube aber, dass besonders in der Deutschschweiz Leute am Werk waren und sind, die mit Herzblut dabei sind, die Fans ihres Vereins sind und die entweder etwas vom Fussball verstehen oder sich nicht zu stark einmischen.
Weiter hat Basel als erste Stadt 2001 ein neues Stadion erhalten. Als man gesehen hat, was das in Basel für eine Euphorie ausgelöst hat und was es für den Fussball bedeutet hat, haben nicht nur die Liga sondern auch die anderen Vereine gemerkt, dass das Umfeld eine enorme Bedeutung hat. Fussballstadien alleine sind zu unrentabel, also bietet man ein Stadion mit "Mantelnutzung" an. Einkaufszentrum, Wohnungen, Büros.
Ausserdem wurden (mit Ausnahme von Zürich und Genf) Stadien gebaut, die dem Fussball angepasst sind. In den passenden Grössen und auf die Bedürfnisse zugeschnitten. Einzig in Zh hat man das nicht hinbekommen (das ist ein anderes, trauriges Kapitel, aber die haben im Moment ein Leichtathletikstadion für ihr Golden/Diamond League-Abend). Und in Genf war die Euro anscheinend Grund genug um den überdimensionierten Wünschen gerecht zu werden. In den meisten anderen Städten kamen (gezwungen auch durch Ligaauflagen) nach und nach weitere Stadien dazu, mittlerweile werden sogar in der 2. Liga diverse moderne Stadien gebaut. Es geht nicht mehr nur um das reine Fussballspiel, sondern auch um den "Event". Damit haben Vereine auch erkannt, dass nichts wichtiger ist als die Verankerung in der Stadt. Die Bevölkerung muss den Verein lokal mittragen, sonst hat er wenig Überlebenschancen. Einerseits weil die Stadien durch eine Abstimmung müssen, andererseits weil die Behörden mitmachen müssen (Polizei, ÖV etc.). Ist der Verein genug etabliert, dann hilft das durch alle Instanzen.
Die Vereine haben auch erkannt, dass die Schweizer Liga nie mit Deutschland oder den anderen grossen Ligen mithalten kann. Und hat gleichzeitig die Chance eine Ausbildungsliga zu sein ergriffen, ähnlich dem Vorbild von Holland. Basel, die Grasshoppers und der FCZ haben Nachwuchsabteilungen die International auf höchsten Level sind. Man hat erkannt, dass auch Transfererlöse aus dem eigenen Nachwuchs das Budget ein Stück weit decken können um unabhängiger zu sein.
Wenn dann wirklich diese Punkte (mehr oder weniger) erfüllt sind, dann kommt der Erfolg fast automatisch - aber nicht sofort, sondern halt verzögert. Schlussendlich kommt es dann halt eben schon darauf an, attraktiven Fussball zu bieten, aber es muss konstant sein. Würde Basel um den Abstieg kämpfen, dann hätte man vielleicht noch 10'000-15'000 Zuschauer im Schnitt.
In Österreich ist es imo eher so, dass all dies eben nicht oder nur teilweise gemacht wurde und langsam die Konsequenzen spürbar sind. Nach der Euro waren die Ligen vermeintlich gleichauf, aber gemerkt haben damals schon die meisten, dass es in AUT eher bergab und in der CH bergauf geht. Um das alles aufzuholen wird Österreich vermutlich einige Jahre brauchen, ich sehe keine schnelle Besserung.
Einige Beispiele dazu: Es darf eigentlich nicht sein, dass in Österreich diverse kleine "Dorfvereine" soviel besser arbeiten um die grossen, finanzkräftigeren Vereine aus den Städten aus der ersten Liga zu vertreiben. Das ist zwar schön für die Kleinen, aber ein Armutszügnis für die grösseren.
Red Bull hat in Salzburg in den letzten Jahren so ziemlich alles falsch gemacht was man falsch machen kann. Ein Musterbeispiel was man alles eben NICHT tun sollte.
Die Österreichischen Nachwuchsmannschaften haben bisher nicht gross aufgespielt - wieso sollte es dann der ersten Mannschaft besser gehen?
Die Stadioninfrastrukturen sind an den falschen Orten gut...
Es gäbe noch viel zu Schreiben, aber mein Zug kommt jetzt an