Ich bin jurastudent und klar gegen die Todesstrafe. Ich halte harte/hohe strafen sowieso nicht für abschreckend. Schaut euch nur mal an, auf welche Delikte in China alles die Todesstrafe verhängt werden kann.
http://www.todesstrafe.de/thema/laender/china/delikte.php
Da gibts keine fairen Verfahren nach internationalen Standards, die Strafe wird zwei Wochen nach dem Todesurteil vollstreckt, so dass den Beschuldigten keine Chance auf Berufung bleibt. Die Verbrecher werden in Stadien gefahren und dann einer nach dem anderen kniend in den Nacken erschossen. Die Kosten für die Hinrichtung müssen die Verwandten tragen. Es werden offiziell jährlich weltweit fast 4000 Menschen von der Staatsjustiz getötet, ein Parteifunktionär der KP sagte in einem Interview, dass allein in China bis zu 10'000 Menschen jährlich zum Tode verurteilt werden. Wie es in abgeschottenen Ländern wie Myanmar (Burma) oder Nordkorea ausschaut, weiss keiner genau.
Ausserdem kann man sich in vielen Ländern vor der Todesstrafe bzw. im Allgemeinen freikaufen, sei es wie in Saudi-Arabien durch den finanziellen ausgleich an die Familie (bei Mord und ähnlichem) oder durch extrem starke Anwälte in vielen anderen Ländern. Wie soll sich ein beispielsweise Schwarzer in den USA richtig verteidigen, wenn er einen Pflichtverteidiger zur Verfügung gestellt bekommt, der für einen Hungerlohn schuften muss und dem es eigentlich egal ist, ob der Angeklagte verurteilt wird.
"Die schwarze Bevölkerung in den USA beträgt 12 Prozent der Gesamtheit, aber stellt 42 Prozent der zum Tode-Verurteilten dar." Es ist anerkannt, daß die Todesstrafe in den USA auf die Armen angewandt wird, die keine Rechtsanwälte bezahlen können, also auf die Schwarzen.
quelle: Kommission für Menschenrechte in Genf.
Ein kleines Beispiel
http://www.obadyah-benyisrayl.de/alive_benyisrayl.htm
Und selbst wenn der mutmassliche Täter seine Schuld wirklich aus freien Zügen eingesteht und seine Taten bereut, so muss man sich fragen, wo sich der Staat das Recht nimmt, schlechtes mit gleich schlechtem zu vergelten und Herr über Leben und Tod zu spielen. "Witzig" ist auch die Situation in Japan, wo man ebenfalls noch die Todesstrafe verhängt und diese als Abschreckung dienen soll. Gleichzeitig werden die Urteile aber im Geheimen vollstreckt (dh die Presse wird nicht informiert) und dadurch bekommt auch keiner mit, dass da wirklich Leute vom Staat getötet werden.
Aber auch bei der lebenslänglichen Haft sind die Probleme die Gleichen wie bei der Todesstrafe, nämlich dass sich Reiche Recht kaufen können und der Strafe entgehen können und Arme von vorneherein kaum eine Chance haben. Man muss sich vorstellen, in den USA bekommen Studenten an Elite-Universitäten manchmal komplette Fälle von zu Tode Verurteilten, die sie zu Lehrzwecken behandeln sollen. Es kam auch schon vor, dass diese die Unschuld des Verurteilten beweisen konnten, und das nachdem dieser bereits getötet wurde.
Manche argumentieren mit der Kostenfrage, aber: die Todesstrafe ist viel teurer als lebenslängliche Haft. Ich rede jetzt nicht von Nigeria, wo man nach dem Urteil gleich hinausgeschleift und gesteinigt wird, sondern kostet in den USA die Todesstrafe klar mehr als lebenslängliche Haft. In Texas $2,3 Mio. - mehr als dreimal so hoch wie in dem Fall, wo der Angeklagte 40 Jahre in Einzelhaft auf höchster Sicherheitsstufe untergebracht würde.
(Genaue Zahlen gibt es unter
http://www.deathpenaltyinfo.org/costs2.html)
Die Gründe sind u.a. die aufwändigen Berufungsverfahren, die verhindern sollen, dass ein Unschuldiger zum Tode verurteilt wird.
Ausserdem ist das Kostenargument absolut menschenverachtend und hat in einer zivilisierten Gesellschaft nichts verloren.
Mal ein Beispiel: Wir nehmen rein hypothetisch an, die Todesstrafe wäre erlaubt. Ich überfalle eine Bank und alles geht schief, ein Angestellter drückt den Alarm und ein Wachmann kommt rein und ich muss ihn erschiessen. Nun denke ich: ich bin eh tot, wenn sie mich erwischen, hab also absolut nichts zu verlieren. Darum erschiesse ich auch noch den Angestellten und eine ältere Frau, die mich dumm angeschaut hat. Auf dem Weg nach draussen töte ich noch mehrere die sich im Weg befinden. Gäbe es die Todesstrafe nicht, käme ich für den Mord am Wachmann vielleicht nach 25 Jahren wieder auf freien Fuss und alle anderen wären nicht tot.
Anderes Beispiel: Ich vergewaltige eine Frau. Nun steht auf dieses Verbrechen die Todesstrafe. Also töte ich sie doch gleich mit, spielt ja eh keine Rolle und ich hab keine Zeugen.
Angenommen, man würde für Vergewaltigung 7 Jahre kriegen, dann töte ich sie wohl nicht, denn vielleicht erwischen sie mich nicht, und wenn dann ist nicht alles für mich verloren. Menschen wägen alles ab, wenn es sich für sie lohnt, tun sie etwas, oder eben nicht. Hohe Haftstrafen sind im Durchschnitt ein Schutz für die potentiellen Opfer! Das verstehen jetzt einige vielleicht nicht, aber ich setz mich recht häufig damit auseinander.