Nach langem hin und her habe ich mich doch dazu entschlossen, meine Abenteuer in den Staaten auf Papier zu bringen. Ich hoffe es interessiert jemanden oder ich kann irgendwen zum schmunzeln bringen.
Einige Dinge, die ich vielleicht vorher erwähnen sollte. Ich bin 19 Jahre alt und in Amerika als Sohn eines Amerikaners geboren, d.h. ich bin im Besitz der US Staatsbürgerschaft. Mein Englisch ist ebenfalls gut, ich hab lange zu Hause Englisch gesprochen, kann mich also problemlos verständigen und Leute verstehen.
Nun aber zur eigentlichen Geschichte. Im August fängt mein Studium in Florida an und im Zuge meiner Vorbereitungen habe ich über eine schweizer Agentur eine zweimonatigen Sprachaufenthalt in Boston gebucht, unter anderem um mein Englisch aufzupolieren und verschiedene Einstufungstests zu absolvieren.
Mein Flug geht also ab Zürich. Ich bin ein regelmässiger Flieger, ich kann also keine Verirrten-Stories bieten. Vielleicht muss ich noch bemängeln, dass es tatsächlich Leute gibt, die eine 30er Schlangen am Schalter bilden statt sich an die Bar direkt daneben zu sitzen.
Jedenfalls komme ich ohne grössere Schwierigkeiten nach Toronto. Da allerdings kommt schon die erste schlechte Nachricht: Die Fluggesellschaft hat einen meiner Koffer verloren (musste ich durchchecken). Auch nicht so schlimm, ich hätte wohl auch ohne Hosen auskommen können. Müde und etwas weniger gut gelaunt betrete ich das nächste Flugzeug, diesmal direkt nach Boston. Am Logan int. airport werde ich dann von einem zwar nicht unfreundlichen, aber wortkargen Mann empfangen, dem ich als erstes von meinem verlorenen Koffer berichte. Er stellt sich frohen Mutes an eine Reklamationsschlange um dann nach 45 Minuten festzustellen, dass die Air Canada Schlange gegenüber ist. Weitere 45 Minuten hatten wir dann meine Beschwerdeformular ausgefüllt und konnten zur Sprachschule fahren.
Im Auto versuche ich verzweifelt und vergeblich Smalltalk aufrecht zu erhalten, was ich schliesslich aufgebe.
30 Minuten später sind wir in Newton angekomme, mein Fahrer lässt mich aussteigen und weist mir die Richtung meines Internats.
Kaum angekommen werde ich von zwei spanisch Aussehenden Jugendlichen empfangen. Problem dabei war, dass sie so gut wie kein Englisch konnten und es den beiden darum ziemlich schwer fiel, mir das Internat zu zeigen.
Sprachliche Barrieren waren aber nicht das Hauptproblem an meiner Unterkunft. Vorausschicken sollte ich vielleicht, dass ich ein Jahr in einem Internat gelebt habe, ich bin also keinesfalls besonders heikel oder empfindlich was ein bisschen Schmutz betrifft. Diese Unterkunft was aber .... durch und durch dreckig. Die Farbe bröckelte von den Wänden ab, alles schien irgendwie mit Klebeband repariert worden zu sein, Telefone hingen halb ausgerissen aus den Wänden und man watete dauernd durch centimeterhohe Staubschichten.
Mein Zimmer war allerdings der Höhepunkt. Ein Stuhl mit einem abgebrochenen Stuhlbein, der Tisch völlig zerschnitzt und das wohl schlimmste: Die Zimmertemperatur von (ungelogen!) etwa 40°C. Und die Heizung war kaputt und liess sich nicht regulieren. Das Februarwetter in Boston erzeugt auch Minusgrade also hatte ich so ziemlich die Wahl zwischen erfrieren und rösten.
Da ich in den Bergen aufgewachsen bin entschied ich mich fürs Erfrieren.
Am nächsten morgen habe ich mich dann gegen diese Schule entschieden. Der Kampus war wie ausgestorben, die Cafeteria war abgesperrt und die ganze Sache fühlte sich nicht gerade gut an. Nachdem ich also meine als Gag mitgenommene Toblerone verspachtelt hatte (ich hasse alles Süsse, Schokolade insbesondere) rief ich meine Mutter an und berichtete ihr von der ganzen Situation. Sie zeigte Verständis und trug mir als erstes auf mir ein Taxi zu rufen und in ein Hotel einzuchecken.
Ich war einverstanden. Hier allerdings das nächste Problem: Mit meinem schweizer Handy konnte ich keine Anrufe in die Staaten machen. Europa-Telefonate waren kein Problem, eine US Nummer konnte ich aber nicht wählen, egal mit welchen Vorwahlen.
Im Endeffekt hat das dann dazu geführt, dass meine Mutter aus der Schweiz (!) über die schweizer Auskunft (!) einen internationalen Anruf zu einer Bostoner Taxigesellschaft (!) machen musste. Knackpunkt hierbei ist aber, dass die meisten Taxigesellschaft verständlicherweise keine internationalen Anrufen entgegennehmen.
Meine Mutter telefoniert also so lange bis sie nach 5 Versuchen endlich ein Unternehmen erreicht. Das war dann eins dieser 1-Mann-Klischée Unternehmen das wahrscheinlich einfach zu blöde war die internationalen Anrufe abzulehnen. Wie auch immer, mein Glück.
Der Taxifahrer findet die Schule, ich finde ihn und kann erleichtert einsteigen. Ich habe ihm dann aufgetragen mich in ein Flughafenhotel zu fahren, was er dann auch gemacht hat.
Im Embassy Suites Hotel angekommen bin ich frohen Mutes und mit einem breiten Grinsen an die Reception geschritten und habe um ein Zimmer für eine Nacht gebeten.
Der aufmerksame Leser ahnt es wohl schon: So einfach kann es ja nicht sein!
Richtig: Die Receptionistin erklärt mir ihr Bedauern und dass sie mir leider kein Zimmer geben kann weil ich unter 21, d.h. nicht volljährig, bin, was ich ihr aber auch ganz offen bestätigt hatte.
Ich hatte aber Glück und konnte mir durch mein gutes Aussehen und meinen Charme (...) ein Zimmer verschaffen - die freundliche Receptionistin konnte einige Anrufe tätigen und für mich eine Ausnahme machen. Bevor ich auf mein Zimmer ging liess ich mir die Telefonnummer einer nationalen Fluggesellschaft geben weil ich vorhatte nach Florida zu fliegen und dort bei einem Freund zu wohnen.
Im Zimmer angekommen setzte ich mich ans Telefon und studierte die Anleitungen. Da kam dann wohl das Landei in mir zum Vorschein:
Die Nummer, die ich mir notiert hatte begann mit einer "1", der normalen US Vorwahl. Auf dem Telephon stand, dass man um aus dem Hotel rauszuwählen die "9" zu drücken hat, dann die "1" und dann die Nummer.
Ich wähle also:
9 1 1 xxx xx xx
Insgesamt muss ich wohl 3 oder 4 mal beim Notruf angerufen haben. Da ich aber nie durchgekommen bin habe ich jedes mal einen Rückruf erhalten, bei dem ich bestätigen musste, dass auch wirklich alles in Ordnung ist. Beim letzten Mal bekam ich dann das Telephon erklärt und mir wurde gesagt, dass ich die "1" nicht doppelt zu wählen brauchte.
Daraufhin konnte ich meinen Flug buchen und flog am nächsten Tag nach Florida, wo ich die nächsten paar Wochen sorgenfrei und glücklich verbringen durfte.
Ich hoffe ich konnte jemanden unterhalten und verabschiede mich bis zum nächsten Kapitel meiner Memoiren.